Vom Regenwald zur Plantage: Umwandlung prägt Nahrungsnetze und Biodiversität



Bio-News vom 21.02.2024

Jeden Tag werden große Flächen Regenwald in Plantagen umgewandelt. Die Biodiversität und das Ökosystem verändern sich dabei drastisch. Das Wissen über die Folgen ist jedoch lückenhaft: Bisherige Studien befassten sich entweder mit der Vielfalt von Arten oder mit der Funktionsweise des Ökosystems. Nun hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universitäten Göttingen und Bogor (Indonesien) beide Aspekte in einer Studie vereint.

Die Forschenden erfassten Tiergemeinschaften von mikroskopisch kleinen Milben im Boden bis zu Vögeln in den Baumkronen und analysierten Nahrungsnetze im Regenwald und auf Kautschuk- und Ölpalmenplantagen in Sumatra, Indonesien. Ihre Studie gibt erstmals Aufschluss über die Weitergabe von Energie zwischen den Tieren des Bodens und der Baumkronen in tropischen Ökosystemen, die besonders artenreich sind. Sie zeigt, dass sich mit der Umwandlung von Regenwald in Plantagen die Nahrungsnetze grundlegend verändern.


Regenwald (links) und Ölpalmenplantage (rechts)

Publikation:


Potapov, A.M., Drescher, J., Darras, K. et al.
Rainforest transformation reallocates energy from green to brown food webs

Nature (2024)

DOI: 10.1038/s41586-024-07083-y



Die Forschenden verglichen 32 Standorte im Regenwald und auf Plantagen im Hinblick auf das Vorkommen von Tieren und Pflanzen sowie die Funktionsweise der Nahrungsnetze anhand ihrer trophischen Struktur, ihrer Biomasse und der Energieflüsse. Mit vielfältigen Methoden erhoben sie Daten zu den Arten mit ihren jeweiligen Individuenzahlen und ihrer Biomasse: Arthropoden der Baumkronen wie Insekten und Spinnen wurden durch „Fogging“ ermittelt, Vögel durch Tonaufnahmen und Beobachtung und Arthropoden des Bodens sowie Regenwürmer aus Bodenkernen.

Anschließend analysierten die Forschenden die Daten anhand von Modellen, die Merkmale wie die Körpergröße und Ernährungsweise der Tiere berücksichtigen. So rekonstruierten sie die Nahrungsnetze für jeden Standort und jede Tiergemeinschaft. Die Ergebnisse dienten als Maß für die Verteilung der Energie und den Verbrauch von Ressourcen wie Pflanzen, Tieren, Pilzen und Bakterien in Nahrungsnetzen oberhalb und innerhalb des Bodens. Dieses Vorgehen erlaubt Rückschlüsse auf den Beitrag von Tieren zu Zersetzungsprozessen und ihre Bedeutung als Räuber von beispielsweise Raupen und Käfern.

Bei den Tiergemeinschaften im Regenwald floss laut Studie ein Großteil der Energie zu den Arthropoden im Nahrungsnetz des Bodens. Auf Plantagen verteilte sich die Energie dagegen anders: Die Nahrungsnetze in den Baumkronen waren weniger reichhaltig und weniger komplex. Auch die Nahrungsnetze im Boden waren verändert. Statt einer vielfältigen Gemeinschaft von Arthropoden dominierten hier invasive Regenwurmarten, die den Energiefluss durch das gesamte Nahrungsnetz prägten. Dieser Umstand erklärt den Forschenden zufolge, dass es auf den untersuchten Plantagen nur wenige Räuber, dafür aber relativ viele pflanzenfressende Insekten wie Raupen und Käfer gab.

„Es ist faszinierend, wie all diese Organismen miteinander verbunden sind, von winzigen Arthropoden bis zu Vögeln, vom Boden bis zu den Baumkronen. Diese Verbindungen müssen über die verschiedenen Teilbereiche des Ökosystems erforscht werden. Besonders die Biodiversität im Boden unter unseren Füßen erfordert mehr Aufmerksamkeit“, sagt Erstautor Dr. Anton Potapov, der während der Datenerhebung an der Universität Göttingen und anschließend am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) beschäftigt war.

„Die fortschreitende Umwandlung von Regenwald in Plantagen führt nicht nur zu einem massiven Rückgang der Biodiversität. Sie verändert auch die Funktionsweise dieser Ökosysteme“, betont Prof. Dr. Stefan Scheu, der die Abteilung Tierökologie an der Universität Göttingen leitet und die Studie betreut hat. „Für ein nachhaltiges Management umgewandelter Ökosysteme müssen wir die Auswirkungen auf die darin vernetzten Bestandteile verstehen. Dann kann ein ganzheitlicherer Ansatz entwickelt werden, um das Funktionieren der Ökosysteme ober- und unterirdisch zu fördern.“



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Georg-August-Universität Göttingen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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